Zwei nicht ganz alltägliche Ereignisse an der Alex-Deutsch-Schule rückten am vorletzten Tag des Schuljahres in den Mittelpunkt großen Interesses. Als ungewöhnlich darf alleine schon die offizielle Eröffnung eines prächtigen Schulgartens im riesigen Gelände einer ehemaligen Tennisanlage betrachtet werden. Mit der Verwirklichung einer kreativen Installation zu dem weltweit verbreiteten und in Amerika entstandenen Butterfly-Projekt übernimmt Wellesweiler sogar eine Vorreiterrolle im Saarland.

Wer künftig das Schulgebäude durch den unteren Eingang betritt, kann kurz vor der Hausmeisterloge eine Wandinstallation mit 72 wunderschön bemalten Keramik-Schmetterlingen samt Informationstafel bewundern. Jeder dieser Schmetterlinge soll an eines der 1,5 Millionen Opfer im Kindes- und Jugendalter erinnern, die unter dem Regime des Nationalsozialismus deportiert und ermordet wurden. Das dekorative Werk ist Ergebnis des seit 2021 laufenden Schulprojektes unter Federführung der Arbeitsgemeinschaft „Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage“.

Die Grundlage habe der Denkanstoß von Schulleiterin Stephanie Urschel und ein Ausflug ins Heimatmuseum Wemmetsweiler zur Ausstellung „Juden in Illingen“ geschaffen, wie die erste stellvertretende Schulleiterin Ulrike Rothermel in ihrer Begrüßungsrede berichtete. Dort sei man auf die Familie Lazar gestoßen, deren Kinder Ruth, Günther, Kurt und Francine in Auschwitz ermordet wurden. Ebenso wie Dennis, der zweijährige Sohn von Alex Deutsch, dessen Schicksal stellvertretend von der Schülerin Tete Buchert geschildert wurde. Zu allen 72 Opfern des Holocaust aus dem Saarland und der näheren Umgebung, deren Namen  an Ort und Stelle verlesen wurden, haben die Schüler fleißig recherchiert und die Biografien zum Nachschlagen im Raum der Begegnung hinterlegt.

   

Viele interessierte Gäste verfolgten die ergreifende Veranstaltung „gegen das Vergessen“. Mit großem Applaus begleiteten sie die Enthüllung der Installationstafel durch die freie Journalistin Nicole Nocon und Doris Deutsch, deren Familie ebenfalls unter der mörderischen Gewaltherrschaft zu leiden hatte. Ihr Großonkel Willi Herrmann aus Wiebelskirchen fiel dem Naziterror ebenso zum Opfer wie Marlies, die halbjüdische Großnichte ihres ersten Mannes Karl Loeb. Deren noch ganz junges Leben wurde wegen einer leichten Behinderung in der damaligen Tötungsanstalt Hadamar ausgelöscht.

Aus Cottbus, wo im Jahre 2019 die erste deutsche Schule das Projekt übernahm, war Nicole Nocon nach Wellesweiler angereist. An sie, eine bundesweit aktive Unterstützerin der Aktion, richtete Ulrike Rothermel einen besonderen Dank, denn Nicole Nocon hatte im Vorfeld auch der Alex-Deutsch-Schule bei der erforderlichen Lizenzerteilung und bei der Umsetzung des Projektes wertvolle Hilfe zukommen lassen.

Schmetterlinge und das Thema Garten bilden bekanntlich einen  biologisch untrennbaren Zusammenhang. Insofern fiel es dem zweiten stellvertretenden Schulleiter Olaf Schley nicht schwer, gleich im Anschluss den Bogen zur offiziellen Eröffnung des Schulgartens zu schlagen, der in seiner stetigen Entwicklung nicht nur in der Wahrnehmung des anwesenden Ortsvorstehers und Mitinitiators Dieter Steinmaier „unglaubliche Fortschritte“ gemacht hat.

   

In seiner Ansprache skizzierte Olaf Schley nicht nur den zeitlichen Ablauf und „wundersamen Wandel von der Brache zur kultivierten Anlage“, sondern verteilte auch viel Lob an die Protagonisten:  An Ortsvorsteher Dieter Steinmaier, den SPD-Ortsverein, Stadt- und Landkreis Neunkirchen, das Ministerium für Umwelt, Klima, Mobilität, Agrar und Verbraucherschutz, die Nachbarn vom MC Gremium sowie an alle anderen „Externen“, die mit Rat, Tat und finanzieller Unterstützung zur Seite standen. Von der Schule hob er die einzelnen fleißigen Schülergruppen hervor, namentlich die Abschlussklasse 9a und die Garten-AG. Alle unter der Leitung der „außerordentlich engagierten“ Lehrkräfte Martha Langner und Erik Hoffritz. Ein Dank gelte auch den rührigen Kolleginnen Frau Riehm, Frau Schmidt und Frau Hofer für ihre Hilfe. Stellvertretend für großes Elternengagement nannte Olaf Schley die Familien Heinz, Hess-Engers und Schinkmann. Ein „Hauptgewinn“ sei die Verpflichtung von Dieter Simon gewesen, dem pädagogischen Leiter und Gartenbau-Experten der Umweltorganisation „Waldritter-Südwest e.V.“ Dank gebühre auch der „proWIN pro nature Stiftung“. „Sie alle haben mit Optimismus und Energie eine vermeintliche Mission Impossible zu einer Erfolgsgeschichte werden lassen“, so Olaf Schley in seiner Rede, an deren Ende er den Schulgarten als offiziell eröffnet erklärte.

   

Im Rahmen eines Schulfestes wurde ein ebenso nachdenklich stimmender wie sommerlich schöner Projekttag ergänzt durch ein Quiz zu Fauna und Flora im neuen Schulgarten, eine sportliche Olympiade auf dem Schulhof, eine Hip-Hop-Demonstration und eine spannende Einweisung in das Baseballspiel durch die Sportfreunde von den „St. Ingbert Devils“. Schule mal wieder erfrischend anders! Der coronageplagte Nachwuchs nahm die Abwechslung dankend an.

Bericht und Bilder: Erich Hoffmann

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