Wenige Tage vor dem Weihnachtsfest folgte die  Wellesweiler Arbeitsgemeinschaft „Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage“ der Einladung des Arbeiter-Samariter-Bundes Illingen. Einer Besichtigung der Plakatausstellung „Juden in Illingen“ schloss sich eine themenbezogene Führung durch den Ortskern an.

Stellenweise war es eine schwere Kost bei ungewöhnlich kalter Witterung und in einer Zeit, die eigentlich der Vorfreude auf das Fest der Liebe gewidmet sein sollte. „Aber auch in dieser besinnlichen Zeit nagen zerstörerische Kräfte unentwegt an Frieden und Demokratie“, mahnte die  zweite Vorsitzende Katharina Meßinger mit Blick auf die jüngsten Geschehnisse rund um die sogenannte Reichsbürgerszene. Wachsam müsse man sein und die historischen Zusammenhänge kennen, um fremdenfeindlicher, diskriminierender  und antisemitischer Gesinnung im eigenen sozialen Umfeld wirksam begegnen zu können und damit einen wichtigen Beitrag zum Schutz der demokratischen Grundordnung zu leisten.

Wozu Verschwörungstheorien, Propaganda und ein irregeleitetes Nationalgefühl führen können, verdeutlicht die Ausstellung in ebenso akribischer wie bewegender Weise. Mit Betroffenheit entnahmen die Wellesweiler Schüler der Jahrgangsstufen fünf bis acht den letzten der rund 30 Plakatexponaten, wie Hass, Neid und Hetze die jüdische Gemeinde in Illingen innerhalb kurzer Zeit gänzlich zerstörten und die nationalsozialistischen Gewaltherrscher am Ende nicht einmal vor der Deportation, Misshandlung und Ermordung von Kindern zurückschreckten. Mit vor Ort weilte auch Martin Schneider vom Heimatmuseum Wemmetsweiler, der als profunder Kenner des regionalen jüdischen Lebens neben dem begleitenden Lehrer und AG-Leiter Christian Eisenla auf anfallende Fragen in aller Anschaulichkeit antworten konnte.

Gestärkt durch heißen Kakao und belegte Brötchen machte sich der Besuch zusammen mit Inge Fuhr vom ASB auf den Weg durch den winterlichen Ortskern, vorbei an herrlichen Zeugnissen jüdischer Architektur und vorbei an den „Stolpersteinen“ mit den eingravierten Biografien der vertriebenen und sehr oft in Konzentrationslagern ermordeten Bewohnern. Am Torbogen-Fragment der 1938 zerstörten Synagoge in Höhe des heutigen Parkdecks endete die Führung mit dem Studium der dort angebrachten Erinnerungstafeln zur postumen Ehrung einer jüdischen Gemeinde, die im Laufe ihres rund 250 Jahre währenden Bestehens sehr viel zur Entwicklung und Prosperität Illingens beigetragen hat.

     

Welchen Wert die Illtalgemeinde auf eine mahnende Erinnerungskultur legt, machte der Bürgermeister und Verwaltungschef mit einem Überraschungsbesuch „auf halber Strecke“ deutlich. Armin König betonte die präventive Notwendigkeit solcher Veranstaltungen und erinnerte sich gerne daran, dass der Holocaustüberlebende  und schulische Namensgeber Alex Deutsch gemeinsam mit seiner Frau Doris auch in Illingen nachhaltige Überzeugungsarbeit verrichtet hatte. „Wir alle müssen dafür sorgen, dass sich etwas derart Grausames, wie es über sechs Millionen Juden in Deutschland und ganz Europa angetan wurde, nie mehr wiederholt“, lautete an diesem sonnendurchwirkten und frostigen Dezembertag der dringende Appell aller Beteiligten zu mehr Friedfertigkeit und Mitmenschlichkeit im Umgang miteinander.

   

Am Ende einer lehrreichen Exkursion bedankte sich die Delegation aus der Alex-Deutsch-Schule Wellesweiler beim ASB Illingen mit einer Spende für den herzlichen Empfang, für die ausgezeichnete Rundumversorgung und am Rande auch für den interessanten Einblick in die vielfältigen karitativen Aufgabenbereiche der Organisation.

       

Kurz gefasst: Die Plakatausstellung „Juden in Illingen“ wurde 1989 von einer Schülergruppe des Illtalgymnasiums Illingen gemeinsam mit dem damaligen Direktor und Heimatforscher Robert Kirsch erarbeitet. Heute ist sie im Besitz des Heimatmuseums Wemmetsweiler. Als Leihgabe an den ASB Illingen kann die Dokumentation noch bis Ende Januar 2023 sonntags von 15 bis 18 Uhr oder nach vorheriger Vereinbarung besichtigt werden.

Bericht und Bilder: Erich Hoffmann